Ölwechsel Heckdifferential (aka Hinterachsmittelstück)

Und los gehts. Gleiches Problem wie beim Automatikgetriebe, ich weiß nicht wann oder ob jemals schon das Öl gewechselt wurde.

Angeblich ist das Öl eine "Lebensdauerfüllung", allerdings konnten die Erbauer unserer Schätzchen damals noch nicht ahnen, dass sie die Autos so gut konstruiert hatten, dass mit Lebensdauer nicht die üblichen 2-6 Jahre bis zum nächsten Neuerwerb gemeint waren, sondern mittlerweile schon über 20 Jahre und die Karren laufen teilweise noch wie am ersten Tag. Dat waren halt noch Autos -- nostalgisch werd ...

Egal, zurück zum Öl, das hält leider nicht so lange, von daher sollte man mindestens alle 60TKM das Öl im Differential wechseln, eher früher. Ein Differential fasst je nach Typ zwischen ca. 1 - 1,5 Litern.
Noch eins vorneweg:
Sollte das Differential bereits Öl verlieren, so sollte man:
1. Entlüftung reinigen (dazu später mehr in Wort und Bild)
2. Öl wechseln und Liqui Moly Ölverlust-Stopp mit einfüllen

Dadurch sollte der Ölverlust gemindert werden. Das ist die günstigste und sicherste Variante. Das Ersetzen der Simmeringe kostet meist ab 300,- Euro aufwärts und dabei kann auch noch das Diff beschädigt werden.
Denn der Zusammenbau und die Justierung (Stichwort Reibwert) sind sehr kompliziert und in der Regel nicht vom Hobbyschrauber zu erledigen.
Also lieber bei jedem Motorölwechsel oder alle 15-20TKM den Ölstand kontrollieren und falls notwendig Öl nachkippen. Und vorm TÜV-Termin natürlich mal fix ne Unterbodenwäsche machen ;-)

Der Ölwechsel an sich ist kinderleicht.
Das beste Öl dafür ist das
Vollsynthetische Castrol SAE-XJ 75W140 GL5,
1 Liter kostet etwa 15€. Wer hier am falschen Ende spart macht sowieso was grundlegend falsch. Was anderes würde ich auch gar nicht nehmen, für die besten Autos nur das Beste. Das wichtigste in diesem Zusammenhang, es handelt sich um Hypoid-Getriebeöl, das und nur das darf rein.

Jetzt aber los. Wie beim Automatiköl geht das natürlich am besten auf einer Bühne oder Grube. Vor dem Ablassen sollte man das Öl warmfahren. Aber es erwärmt sich bei normaler Fahrt nur sehr langsam. Da hilft also nur 'ne Fahrt mit "Bleifuß" auf der Autobahn.

Dann ruff uff de Bühne, Öffnungen rund um die beiden Schrauben reinigen. Und nun als ERSTES, GAAAANZ WICHTIG      ALS ERSTES   die EINFÜLLschraube rausdrehen. 
Warum, ich will doch was ablassen? Jaha, aber nachher steht man blöd da, wenn man schön das Öl abgelassen hat und die Einfüllschraube sich nicht öffnen lässt, weil ohne Öl fährt sichs nun mal nicht besonders gut und lange!!!

Hier kann man nun rein interessehalber mal den Finger reinstecken und den Ölstand checken. Musste meinen Finger schon ziemlich lang machen, um überhaupt noch Öl zu fühlen, wurde also höchste Zeit.

einfuelloeffnung

Als Werkzeug empfiehlt es sich einen passenden Innensechskant für die Ratsche zu besorgen und zwar den langen, damit kommt man am besten hin und kann gut Kraft aufbauen / gegenhalten. Bevor man den Innensechskant einsetzt erstmal in der Einfüllschraube mit nem Schraubendreher den Dreck rauskratzen, dann mit nem Hammer den Innensechkant bis zum Anschlag reinkloppen, damit man die Kraft auch richtig übertragen kann. Nichts ist dämlicher als ein rund gedrehter Innensechskant weil man zu faul war, das Ding vorher zu reinigen :

innensechskant

Wenn man das hat, kann man nun die Ablaßschraube rausdrehen und das Öl ablassen. Ich hab dann, als nix mehr kam, das Auto nochmal abgesetzt und nur auf einer Seite angehoben, damit auch wirklich das letzte Tröpfchen des mittlerweile eher gelartigen Öls rauskam. 

Dann habe ich die Entlüftung abgeschraubt. Sitzt hinten oben am Diff und man kommt erstaunlich gut ran, hätte ich nicht gedacht.

entlueftung

Diese setzt sich nämlich im Lauf der Zeit zu und dann macht sie alles nur nicht entlüften. Wenn die aber zu ist, dann kann der Überdruck nicht entweichen. Überdruck? Öl wird warm, Luft über dem Öl wird auch warm, beide dehnen sich mehr oder weniger stark aus, Luft kann aber über die Entlüftung nicht mehr entweichen - ergo wird das Öl über die Simmerringe nach aussen gepresst und als Folge leckt das Diff und der TÜV meckert. Deswegen Entlüftung ebenfalls immer mal wieder reinigen. Ich hab dazu das Ding in Diesel gemischt mit Reinigungsbenzin eingelegt um die ganzen Ölverkrustungen zu lösen und wieder es durchgängig zu kriegen. Ein dünner Draht und ne Messingbürste helfen natürlich auch weiter um den ganzen Schmodder der letzten 20 Jahre da raus zu kratzen.

wech

eingelegt-wie-saure-gurken

Der Diesel in dem Glas war mal durchsichtig ...
Wenn man dann durch durchpusten (schmeckt ein bißchen komisch, geb ich ja zu) festgestellt hat, dass die Entlüftung wieder lüftet, dat Dingen wieder anschrauben. Nun müßte auch der letzte Tropfen von dem alten Öl rausgetropft sein. Wenn man es ganz genau machen will, Ablassschraube eindrehen, eine Mischung aus dünnflüssigem Öl und Diesel einfüllen, Einfüllschraube rein und eine kleine Fahrt abseits der Hauptstrassen mit gemässigtem Tempo machen. Das spült nochmal alles durch und löst auch noch den letzten Rest des meist 20 Jahre alten Ölgels aus dem Diff. Dieses Gebräu dann ebenfalls ablassen, beide Öffnung noch ein bißchen länger offen lassen, damit auch der letzte Rest Diesel verdunsten kann und jetzt kann man es wieder befüllen.

Dazu nun die Ablaßschraube reindrehen (Anzugsdrehmoment 80Nm) und dann das Öl - Castrol SAE-XJ 75W140 GL5 - einfüllen bis es aus der Einfüllöffnung austritt. Man könnte natürlich nach 750 ml etwas langsamer einfüllen, dann läuft nicht ganz so viel aus der Öffnung über den Arm die Kutte runter ;-) Dann die Einfüllschraube zudrehen, das ganze Diff ein bißchen abwischen, damit man später sieht, ob es immer noch leckt, man also regelmässig den Ölstand prüfen sollte, oder ob es einigermassen dicht ist.

Auto ablassen und nun wieder viel Spaß beim Fahren.

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